Wie sieht elektronische Musik aus?

Spätestens seit dem MOMEM stellt sich die Frage, ob man Techno auch ausstellen kann. Und wenn ja, für wen und wie?


Vor dem Weg in ein Museum oder eine Ausstellung hat man Erwartungen. Aber was erwartet einen? Nach weltweiten Besuchen in Ausstellungen und von Museen zum Thema Musik wird ein Konflikt bewusst. Früher besuchte man aus Interesse eine Ausstellung, deren Inhalt der Vergangenheit angehörte, oder es ging um Kunst, zu der man einen Zugang suchte. Wenn es etwas an diese Orte schafft, geht man davon aus, dass es sich um eine zumindest im Nachhinein „offiziell“ anerkannte Kunst oder Kultur handelt. Vielen Komponisten und bildenden Künstlern wurde diese Ehre zu Lebzeiten ja leider nicht zuteil.

Wie verhält es sich aber mit Ausstellungen über noch lebendige, aus Sub- oder Popkulturen entstandenen Alltagserscheinungen? Und wen genau spricht man damit an? Wie wird man den verschiedenen Erwartungen derer gerecht, die entweder für diese Subkulturen schon zu alt waren, und derer, die heute noch mitten im Geschehen sind? Zumindest bei letzter Gruppe läuft man im Gegensatz zu einer Bilderausstellung Gefahr, dass sich diese in ihren eigenen teilnehmenden Erfahrungen zwingend bestätigt sehen wollen.

Gerade in jüngster Vergangenheit habe ich in Popkultur-Ausstellungen prominenter Kunsthallen und Museen beobachtet, dass im Gegensatz zu den Herzinfarktgefährdeten Insidern die größte Besuchergruppe die ist, die sich allgemein für Kunst und Kultur interessiert. Hier scheint das Vertrauen in die Institution Museum als Qualitätsmerkmal auszureichen, egal was die Ausstellung zum Inhalt hat. Sie sieht sich also die Jimmy Hendrix‘ Gitarre oder die Helme von Daft Punk ge-nauso an wie ein Bild von Salvador Dalí. Mit all dem hat man persönlich eher wenig zu tun, aber der Lernwille ist vorhanden. Man weiß wenig und glaubt gerne vieles, denn Museen haben etwas Autoritäres.

Musikalischer Inhalt mag bei einem klar definierten Thema mit einer entsprechenden Zielgruppe noch umsetzbar sein, wie z.B. bei den 2011 im Münchner Lenbachhaus erstmals gezeigten „Kraftwerk 3D Videoinstallation“.

Gleiches gilt für Künstler-Museen von Abba, Johnny Cash, den Beatles, Queen und natürlich die Rock and Roll Hall of Fame in Cleveland oder dem Motown Museum in Detroit. Auch Ausstellungen wie „Night Fever. Design und Clubkultur 1960 – heute“, (2018 Vitra Design Museum) oder Synthesizer-Museen wie das SMEM (Swiss Museum for Electronic Music Instruments) sind nicht erklärungsbedürftig. Aber was stellt man sich konkret unter einer Exponaten-Sammlung eines täglich lebensbegleitenden Themas wie elektronischer Musik vor?

Schon in den 80ern gab es Ansätze, dieses neue Musikgenre zu kuratieren. Beim regelmäßigen New Music Seminar in New York oder später bei der Winter Music Conference in Miami ging es in erster Linie um ein Get Together der Branche mit begleitenden Ausstellungen. Diese endeten im Laufe der Jahre aber stets in einer großen Party mit top bezahlten DJs. Am Ende ist es vielleicht einfach nur ein lebendiges Lebensgefühl, welches schwer in Stein zu meißeln ist. Oder 1986 frei nach Kraftwerk: „Es wird immer weitergehen, Musik als Träger von Ideen“.

Die verschiedenen Erwartungen unter einen Nenner zu bringen und einem Zielgruppenkonflikt aus dem Weg zu gehen, ist sicher eine sehr anspruchsvolle und komplexe Aufgabe. Wie kann ständig verändernde Musik-Geschichte abgebildet werden? Wie macht man dessen Gegenwart greifbar, wenn Musik ja eher akustisch und individuell wahrnehmbar ist? Selbst bei den treffendsten Ausstellungen fehlte außerdem oft genau das, was man individuell erlebt und dann natürlich erwartet hatte. Der Schwerpunkt liegt naturgemäß eher auf den persönlichen Erfahrungen der Ideengeber und Kuratoren und ist selten neutral. In London fehlt New York, im Hip-Hop fehlt Krautrock, in England fehlt Deutschland. Will man einen wirklichen Überblick, besucht man am besten die weltgrößte Plattenbörse in Utrecht. Dort gibt es wahrnehmbare Musikgeschichte in Form von Platten, Büchern, Memorabilia und vielen Menschen, die viele Geschichten dazu erzählen können. Dafür sollte man sich allerdings mehrere Tage Zeit nehmen.

Eine Liste von internationalen Museen und Ausstellungen: www.welcometotherobots.com/ausstellungen

 

Foto: www.welcometotherobots.com